Bundestag erarbeitet sich Vertrauen in der Krise
Die Bewältigung der Corona-Pandemie ist ein Marathonlauf – gesundheitlich, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Dabei ist eine offene und kritische parlamentarische Debatte der beste Schutz vor Krisen-Populismus und exekutiver Selbstüberschätzung. An diesem Anspruch sollten wir uns immer messen lassen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion steht für eine verlässliche und pragmatische Krisenpolitik. Eine Politik, die ganz bewusst alle Bürgerinnen und Bürger, Regionen und Branchen fest im Blick behält.
Der Bundestag hat in der vergangenen Sitzungswoche das Konjunkturpaket der Koalition im Bundeshaushalt 2020 umgesetzt. Die Neuverschuldung von 217,8 Mrd. Euro ist angesichts der Schwere des wirtschaftlichen Einbruchs infolge der Corona-Pandemie unerlässlich. Wir können gegen die Steuerausfälle von 65 Mrd. Euro gegenüber 2019 und die erheblichen Mehrausgaben zum Erhalt der Arbeitsplätze und Unternehmen nicht ansparen. Für dieses Ausmaß gibt es kein Kürzungspotenzial im Bundeshaushalt, jedes Hinterhersparen wäre ökonomisch verheerend.
Die Unionsfraktion hat im Haushaltsausschuss gegenüber dem Regierungsentwurf zum Zweiten Nachtragshaushalt 2020 eine Reihe von Verbesserungen vorgenommen. Die wichtigsten Änderungen, die nun beschlossen wurden, betreffen die folgenden Bereiche:
Sport, Kultur
Wir stellen 200 Mio. Euro als Corona-Überbrückungshilfe für Profisportvereine zur Verfügung. Zielgruppe sind Vereine und Unternehmen im (semi-)professionellen Wettbewerb der 1. und 2. Liga (Männer und Frauen) und im Fußball auch der 3. Liga (Männer), darunter olympische und paralympische Individual- und Mannschaftssportarten.
Wir erhöhen die Programmmittel für die Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur um 600 Mio. Euro, darunter 5 Mio. Euro Baransatz für 2020 und 595 Mio. Verpflichtungsermächtigungen (VE).
Altersgerechtes Wohnen
Wir stocken die Programmmittel für das KfW-Programm „Altersgerechtes Umbauen“ um 50 Mio. Euro auf, darunter 7,5 Mio. bar und 42,5 Mio. VE.
Digitale Transformation des Verlagswesens
Wir wollen einen einmaligen Beitrag in Höhe von 220 Mio. Euro (20 Mio. bar und 200 Mio. VE) für den Erhalt der Medienvielfalt und -verbreitung in Deutschland sowie die Stärkung des Journalismus und darin tätiger Medienschaffender leisten.
Außeruniversitäre Forschung
Das Konjunkturpaket sieht Mittel im Umfang von 500 Mio. Euro für die außeruniversitäre Forschung vor.
Die weiteren 100 Mio. Euro entfallen auf den Einzelplan des BMWi. Davon stehen 50 Mio. Euro für die Industrieforschung für Unternehmen und 50 Mio. Euro für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) für industriebezogene Forschungsprojekte zur Verfügung.
Behindertenhilfe
Wir gewähren 100 Mio. Euro als Zuschüsse für Einrichtungen der Behindertenhilfe und Inklusionsunternehmen, die von der Covid19-Pandemie besonders betroffen sind.
Verkehr
Für das Vorziehen von Straßen-Bauabschnitten (Bundesstraßen und Autobahnen) werden 680 Mio. Euro bereitgestellt.
Das Sofortprogramm zur Attraktivitätssteigerung der Bahnhöfe wird um 40 Mio. Euro aufgestockt.
170 Mio. Euro gewähren wir als Beihilfen für Vorhaltekosten für stillgelegte Reisebusse, die durch das Verbot von Reisebusreisen vom 16.03.2020 ausschließlich im Gelegenheitsverkehr eingesetzt werden.
Zur Kompensation von Einnahmeausfällen von Seelotsen infolge des Rückgangs der Seeverkehre werden vorübergehende Beihilfen in Höhe von 8 Mio. Euro bereitgestellt.
Kinder- und Jugendhilfe
Gemeinnützige Organisationen der Kinder- und Jugendhilfe, darunter der internationale Jugendaustausch, erhalten 100 Mio. Euro.
Energie- und Klimafonds (EKF)
Zur Aufstockung des Park- und Grünflächenprogramms werden zusätzlich 100 Mio. Euro (20 Mio. Euro bar und 80 Mio. Euro VE) bereitgestellt.
Zweites Corona-Steuerhilfegesetz
Zur Ankurbelung der Wirtschaft haben wir in zweiter und dritter Lesung weitere steuerlicher Hilfsmaßnahmen beschlossen. Der Umsatzsteuersatz wird vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 von 19 auf 16 % bzw. von 7 auf 5 % abegesenkt. Familien erhalten einen Kindergeldbonus in Höhe von 300 Euro pro Kind und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird befristet erhöht. Die Menschen in Deutschland können in der Breite von diesen Maßnahmen profitieren. Auch Unternehmen und Arbeitgeber werden entlastet etwa mit der befristeten Erhöhung des Freibetrags bei der Gewerbesteuer für die Hinzurechnungstatbestände des § 8 Nummer 1 GewStG auf 200.000 Euro oder über eine Ausweitung der maximalen Bemessungsgrundlage der steuerlichen Forschungszulage auf 4 Mio. Euro im Zeitraum von 2020 bis 2025. Mit diesen und anderen Maßnahmen geben wir gezielte Impulse für die Wirtschaft, um so die Folgen der Corona-Krise rasch zu überwinden.
Europa kann jetzt vieles richtig machen
Die anstehenden Entscheidungen unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft werden Europa auf Jahre hinaus prägen. Es sind entscheidende Wochen und Monate für unsere gemeinsame Zukunft und unseren Wohlstand. Unser erklärtes Ziel ist und bleibt ein neues Maß an politischer und wirtschaftlicher Souveränität Europas. Dabei folgen wir dem Grundsatz, dass europäische Solidarität und Solidität langfristig nur als schlagkräftige Einheit funktionieren können.
Körper und Seelen unserer Kinder schützen
Staufen, Lügde, Münster sowie neue Erkenntnisse aus Bergisch-Gladbach mit der schier unvorstellbaren Zahl von 30.000 Tatverdächtigen zeigen das erschütternde Ausmaß von Kindesmissbrauch in Deutschland und seine Verbreitung über das Internet. Wir werden im Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch und Kinderpornographie nicht nachlassen und fordern die generelle Einstufung als Verbrechen. Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Bundesjustizministerin in dieser Woche endlich einen von uns lange geforderten Gesetzentwurf zum Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch vorlegen will. Kein Täter darf sich in unserem Land mehr sicher fühlen.
Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen
In dieser Woche haben wir außerdem Unterstützungsmaßnahmen für die von der Beendigung der Kohleverstromung betroffenen Reviere und Standorte in zweiter und dritter Lesung beschlossen. Das umfassende „Investitionsgesetz Kohleregionen“ regelt in einem ersten Teil Finanzhilfen für die betroffenen Länder. Diese Finanzhilfen sollen über Artikel 104b Grundgesetz für Investitionen in einem Gesamtumfang von bis zu 14 Mrd. Euro bis 2038 bereitgestellt werden. Die Länder leisten hierbei den im Grundgesetz vorgesehenen Eigenanteil. Die Mittel können zur Förderung von Investitionen, etwa in die wirtschaftsnahe Infrastruktur, aber auch den Breitband- und Mobilfunkausbau, zur Verbesserung des Angebots im ÖPNV oder in den Umweltschutz und die Landschaftspflege verwendet werden. Das Gesetz legt fest, in welchem Verhältnis die Reviere hier berücksichtigt werden.
Im zweiten Teil des Gesetzes verpflichtet sich der Bund, weitere Maßnahmen zugunsten der Braunkohleregionen mit bis zu 26 Mrd. Euro bis 2038 zu fördern, die in seiner eigenen Zuständigkeit liegen. Zu den Maßnahmen gehören etwa der Ausbau der Infrastruktur für den Schienen- und Straßenverkehr und die Ansiedlung und Verstärkung zahlreicher Forschungseinrichtungen. In das Maßnahmegesetzvorbereitungsgesetz werden zudem 16 Verkehrswegeinfrastrukturprojekte zur Strukturstärkung in den betroffenen Regionen als besonders eilbedürftige Projekte aufgenommen. Ferner wird der Bund seine Förderprogramme erweitern und Maßnahmen zur Unterstützung der Energiewende und des Klimaschutzes ergreifen. Die Bundesregierung setzt sich zudem das Ziel, mit der Ansiedlung von Einrichtungen des Bundes in den betroffenen Regionen bis zum Jahr 2028 bis zu 5000 Arbeitsplätze in Behörden des Bundes und sonstigen Bundeseinrichtungen zu erhalten oder neu einzurichten.
Kohleausstiegsgesetz
Neben dem Strukturstärkungsgesetz haben wir in dieser Woche auch das Kohleausstiegsgesetz in zweiter und dritter Lesung beschlossen. Hier werden zentrale energiepolitische Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ zur Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung bis spätestens 2038 umgesetzt. Bestandteile sind etwa Regelungen zum Ausstieg aus Steinkohle- und Braunkohleverstromung, Entlastungsmaßnahmen für Stromverbraucher und energieintensive Industrien, eine verbesserte Förderung von hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen sowie der Umstellung von Kohlekraftwerken auf Erdgas und erneuerbare Energien, insbesondere Biomasse, im Rahmen des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes und durch Förderprogramme sowie Regelungen zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit. Ebenfalls ermächtigt das Gesetz die Bundesregierung mit Zustimmung des Deutschen Bundestages zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags mit den Kraftwerksbetreibern zur Konkretisierung der Einzelheiten der Stilllegungen.
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